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Ulrich Hottelet
Freier Journalist

(Wirtschaftskurier, Oktober 2009)

Dein Freund, der Roboter

Automatisierung: Hersteller entwickeln Systeme, die mit Menschen zusammenarbeiten

Auch ein Roboter ist nur ein Mensch. Das könnte man meinen, wenn man das Minenspiel des Museumsroboters Albert sieht und seine Kommentare hört. Mit heruntergezogenen Mundwinkeln und der Bemerkung „Ganz schön voll hier“ führt er Besucher durch eine stark besuchte Ausstellung. Sein Schöpfer, Wolfram Burgard, Informatikprofessor an der Uni Freiburg und dortiger Leiter des Forschungslabors für Autonome Intelligente Systeme, erhielt im März einen der renommierten Leibniz-Preise der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für seine Forschungen zur Orientierungsfähigkeit mobiler Roboter. „Das geschieht dadurch, dass sie auf spezielle Weise ihre Sensordaten interpretieren und ihre Aktionen generieren. Das Ziel ist es, Roboter zu bauen, die zuverlässig in unserer Welt navigieren können“, sagt Burgard. Entscheidend dafür ist die Erkennung von Hindernissen. Dazu müssen sie Kamerabilder verstehen und lernfähig sein. Albert muss Irrtümer einbeziehen und aus Erfahrung klug werden, um rechtzeitig vor einem Hindernis, zum Beispiel einem Museumsbesucher, anzuhalten.

Auf solche komplexen Systeme als zukunftsträchtigen Markt setzt Stefan Sagert, Leiter der Fachabteilung Robotik im VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau). Technische Fortschritte mache die Mensch-Robotik-Interaktion gerade für Mittelständler interessant. „In jüngster Zeit wurden innovative Sicherheitskonzepte entwickelt, insbesondere in der Sensorik und der industriellen Bildverarbeitung. Der Roboter kann Haut erkennen, stoppt dann und geht zurück. Das heißt, der Roboter muss nicht mehr hinter einen Schutzzaun, sondern kann mit Menschen zusammenarbeiten“, erklärt Sagert. Skeptischer sieht das Johannes Lemburg, Forscher und Konstrukteur am DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz) in Bremen: „Je komplexer ein System, desto fehleranfälliger ist es. Ich sehe Komplexität als Trend daher nur, wo sie erzwungen ist. Putzroboter zum Beispiel wird es nur langfristig geben, weil sie noch zu teuer sind. Das gilt auch für Roboter im Pflegebereich. Da sie wie Menschen agieren müssen, sind sie komplizierter zu bauen als für den Einsatz im Weltraum.“ Das Gros der mehr oder minder intelligenten autonomen Systeme wird daher nach Lemburgs Einschätzung auch künftig in der Industrie und nicht beispielsweise in Privathaushalten Verwendung finden.

Schon jetzt sind Roboter in einem sehr breiten Spektrum von Branchen und Feldern tätig. Vom klassischen Einsatz zum Schweißen und Montieren im Autokarosseriebau und zur Be- und Entladung in der Logistik über die Überwachung in der Sicherheitstechnik bis hin zum Melk-Roboter auf dem Bauernhof und zum Operationsroboter im Krankenhaus reicht die Palette. Optimisten verweisen zudem auf die wachsende Lernfähigkeit der maschinellen Helfer, die sie leichter bedienbar macht, und auf das Zusammenwachsen von Industrie- und Servicerobotern. Letztere würden durch den zunehmenden Einsatz in der Industrie erschwinglicher werden. Heute arbeiten nach Berechnung der International Federation of Robotics (IFR) weltweit 1 Mio. Industrieroboter und 5,5 Mio. Serviceroboter zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Bis Ende 2011 werden laut IFR 1,2 Mio. Industrieroboter und 17 Mio. Serviceroboter die Welt bevölkern.

Mit 310 Industrierobotern im Einsatz pro 10 000 Beschäftigten in der verarbeitenden Industrie ist Japan das Land mit dem höchsten Automationsgrad. Deutschland folgt mit einer Roboterdichte von 234, danach kommen Südkorea (185), Italien und die USA (jeweils 116). Im Branchenvergleich ist die Roboterdichte in der Automobilindustrie bei Weitem am höchsten.

Die deutschen Hersteller konnten 2008 ein Rekordjahr verzeichnen. Sie steigerten ihre Umsätze um 15 % auf 2,4 Mrd. Euro. Doch mit einem Exportanteil von über 50 % ist die Branche der weltweiten Wirtschaftskrise stark ausgesetzt. Der VDMA prognostiziert daher für 2009 Umsatzeinbußen von 5 %. Norbert Stein, Vorstandsvorsitzender von VDMA Robotik und Automation, will sich dennoch nicht bange machen lassen: „Die deutschen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren deutlich stärker von der weltweit steigenden Nachfrage nach Automatisierungstechnik profitiert als ihre ausländischen Mitbewerber. Sie haben auch ihre Hausaufgaben gemacht und gehen krisenfester in den Abschwung, als dies beispielsweise in den 90er-Jahren der Fall war.“ Auch die IFR sieht eher eine kurzfristige Konjunkturdelle und geht weltweit von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 4 % bis 2011 aus.

In diesem Jahr musste jedoch einer der führenden deutschen Hersteller, KUKA aus Augsburg, einen 44-prozentigen Einbruch an Aufträgen aus der schwer gebeutelten Maschinenbaubranche verzeichnen. Bei solch erschreckenden Zahlen würde auch Museumsroboter Albert seine Mundwinkel nach unten ziehen – noch kann er es aber nicht.

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